Nov
6
2014

25 Jahre Mauerfall: Was wurde aus den Helden des DDR-Rock?

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Als vor 25 Jahren die Mauer fiel, verschwanden die meisten etablierten DDR-Bands zunächst einmal in der Versenkung. Wohin führen die Spuren von Puhdys, Karat, Silly, City & Co?

Text: Ernst Hofacker

Am schlimmsten traf es wohl Silly. Dabei sah es zunächst so aus, als würden Sängerin Tamara Danz und ihre Musiker in der nun vom westlichen Popbusiness geprägten Szene problemlos Fuß fassen. Die Band baute das eigene „Danzmusik Studio“ und brachte mit Hurensöhne (1993) und Paradies (1996) zwei hochklassige Alben heraus. Dann aber wurde bei Tamara Danz Brustkrebs diagnostiziert. Sie erlag der Krankheit am 22. Juli 1996 mit nur 43 Jahren. Es war das vorläufige Ende von Silly. Erst 2006 kamen die Dinge für die ehemalige Ostrock-Institution wieder ins Rollen, als die Schauspielerin Anna Loos den verwaisten Platz am Mikrophon übernahm. Seitdem landeten Silly seit 2010 sogar Top-3-Erfolge in den Charts.
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45490-610Die Puhdys um Sänger Dieter „Maschine“ Birr gehören zu den wenigen Überlebenden der DDR-Rockszene, die sich ohne nennenswerte Popularitätseinbußen in der Nachwendezeit behaupten konnten. Kurioserweise aber befanden sie sich 1988/89 auf Abschiedstournee in der DDR, für die nächsten Jahre schwiegen sie denn auch. Nach der Reunion 1992 jedoch haben sie bis heute mehr als ein Dutzend Alben herausgebracht und einige der besten Chartsplatzierungen der Puhdys-Geschichte eingefahren. Die Band hat ihren Abschied aus Altersgründen für Silvester 2015 angekündigt.
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Keimzeit hatten mit Irrenhaus erst im Jahr 1990 ihr Albumdebüt vorgelegt, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt schon acht Jahre lang existierten. Nach der Wende veröffentlichte die Band um Sänger Norbert Leisegang zunächst weiter Alben, geriet aber Mitte des Jahrzehnts in eine künstlerische Krise. Auf Im elektromagnetischen Feld (1998) präsentierten sich Keimzeit dann mit runderneuertem Sound, seitdem sind sie dauerhaft in der Postwende-Republik angekommen. Keimzeit touren und veröffentlichen Alben bis heute. 2013 allerdings trennte sich Leisegang von der Band.
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KaratKarat gehörten schon zur Zeit des Mauerfalls zu den Veteranen des DDR-Rock. Gegründet 1975, war die Band um Sänger Herbert Dreilich durch die Hymne „Über sieben Brücken musst du gehen“ auch in Westdeutschland bekannt geworden. Nach der Wende brauchten Karat allerdings einige Jahre, um sich auch in der gesamtdeutschen Szene neu zu etablieren. Erst 1997 gelang ihnen das mit dem Album Balance und der Single „Ozean“. Dreilich starb am 12. Dezember 2004 in Folge einer Krebserkrankung, sein Sohn Claudius übernahm kurz darauf das Mikrophon. Karat touren bis heute erfolgreich und veröffentlichen regelmäßig neue Musik.
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Die Punkband Feeling B, gegründet 1983, gehörte zu den sogenannten „anderen Bands“, damals ein DDR-Begriff für Undergroundbands. Ihr Mastermind, der Deutsch-Schweizer Aljoscha Rompe, gehörte dabei zu den schillerndsten Gestalten der Ostberliner Alternativszene. Nach dem Mauerfall machten Feeling B zwar erst einmal weiter, Paul Landers, Flake Lorenz und Christoph Schneider allerdings stiegen 1993 aus, um schließlich gemeinsam mit Till Lindemann und Richard Kruspe das Erfolgsprojekt Rammstein zu gründen. Rompe führte Feeling B bis zu seinem Tod am 23. November 2000 weiter.

13313-5469Mit ihrem Lied „Am Fenster“ war City bereits 1977 einer der größten Hits der DDR-Rockgeschichte gelungen. Nach der Wende gründeten City-Gitarrist Fritz Puppel und Sänger Tony Krahl gemeinsam mit K & P Music das erste unabhängige Plattenlabel der Neuen Bundesländer. Die Band selbst blieb bis heute aktiv und veröffentliche zuletzt im Jahr 2012 den Live-Mitschnitt 40 Jahre City (Das Konzert).
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Pankow waren 1981 aus der ehemaligen Begleitband der in den Westen abgeschobenen Veronika Fischer entstanden. Unter der Führung ihres neuen Frontmannes André Herzberg entwickelte sich die Band dann zu einer der kritischsten und härtesten in der DDR. Herzberg verließ die Gruppe nach der Wende und kehrte zunächst nur gelegentlich, ab 1996 aber wieder konstant zurück. In den 1990er Jahren blieb die Band bei wechselndem Erfolg weiter aktiv, 1999 löste sie sich auf. Seit 2004 aber nehmen Pankow – mit Herzberg – sporadisch wieder Alben auf und geben Konzerte.
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Stern-Combo Meißen, Lift und Elektra bildeten bereits in den 1970er Jahren den sogenannten „Sachsendreier“ und gehörten beim Mauerfall zu den dienstältesten Rockinstitutionen der DDR. Alle drei Bands litten in den Jahren nach der Wende zunächst unter dem stark nachlassenden Publikumsinteresse, konnten zum Ende des Jahrzehnts aber allmählich wieder Fuß fassen. Die Stern-Combo Meißen feierte im Jahr 2014 sogar ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum.
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