Seit über einem halben Jahrhundert begleitet ein kleines Männchen mit Spitzbart die Kinder ins Bett: mit einem Sack voller Traumsand, seinen Freunden Pittiplatsch, Schnatterinchen, Moppi, Herrn Fuchs, Frau Elster und einem Erkennungslied, das unter kuriosen Umständen entstand. All dies und obendrein drei wunderbare Sandmännchen-Filme hat die limitierte Geburtstagsbox eingefangen – die ebenfalls mit jenem Lied beginnt, dessen Geschichte wir euch heute erzählen möchten.
Text: Kirsten Kühnert
„Sandmann, lieber Sandmann,
es ist noch nicht so weit.
Wir senden erst den Abendgruß,
eh´ jedes Kind ins Bettchen muss.
Du hast gewiss noch Zeit.“
Wettrennen mit dem Westen
Heute, liebe Kinder, große und kleine, junge und alte, erfahrt ihr die Geschichte von einem verkannten Lied. Es war einmal in einem Land, das es schon lange nicht mehr gibt, in der Deutschen Demokratischen Republik, kurz DDR. Man zählte das Jahr 1959. Das Fernsehen war bereits geboren, steckte aber noch in den Kinderschuhen. In nur wenigen Wohnungen stand ein Empfängergerät. Eine Flimmerkiste, wie man damals scherzhaft sagte, weil nicht selten statt eines Bildes nur ein Flimmern zu sehen war. Wer so einen Fernseher besaß, bekam viel Besuch. Von Freunden und Nachbarn, oder Leuten, die von nun an Freunde sein wollten.
Weil die Menschen das Fernsehen so liebten, wollten die, die es machten, es auch gut machen. Vor allem besser, als die, die das Fernsehen im Nachbarland, der Bundesrepublik Deutschland, machten. Eines Tages erfuhren die allerobersten Fernsehmacher der DDR, dass der SFB im Nachbarland einen Sandmann-Abendgruß für Kinder senden wollte. Oh je, hallte es klagend in den heiligen Hallen der Intendanz, warum ist uns das nicht eingefallen. Jetzt werden die Kinder und ihre Eltern nur noch den Feind-Sender sehen und sich vielleicht sogar daran gewöhnen! Lasst uns schnell „Unser Sandmännchen“ erfinden und ein Sandmannlied dazu.
So entstand das Sandmann-Lied
Eilig riefen sie einige ihrer besten Künstler zusammen, den Puppengestalter Gerhard Berendt, den Komponisten Wolfgang Richter und den Kinderbuchautor Walter Krumbach. „Unser Sandmännchen“ muss unbedingt eher in den Wohnstuben unseres Landes sein, als das von Drüben, legten sie ihnen ans Herz. Flink, macht euch ans Werk. „Dann ging alles ruckzuck“, erzählt Helga Richter, die Frau des Komponisten, selbst einst Regisseurin beim Kinderfernsehen. „Abends erhielt mein Mann per Telefon den Lied-Text, den Walter Krumbach verfasst hatte. In der Nacht schrieb er die Musik dazu. Am nächsten Tag wurde das Stück eingespielt und postwendend in der Chefetage des Fernsehfunks präsentiert.“
Was dann geschah, hätte dem kaum geschlüpften Sandmannlied fast den Garaus gemacht. Zu kompliziert, urteilte das Gremium. Dreivierteltakt, Taktwechsel, schwierige Harmonien! Kinder könnten sich das niemals merken. Spätestens seit DSDS Kids wissen wir, dass Kinder noch ganz andere Dinge können. Damals aber entbrannte eine hitzige Diskussion. Schließlich ging es auch darum, die Sandmann-Konkurrenz zu schlagen. Heinz Adameck, der Intendant des Fernsehfunks, machte dem Spuk ein Ende. Feierabend, soll er gesagt haben, wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Wir probieren es mit diesem Lied. Sollte es nicht ankommen, wird ein neues gemacht.
Notlösung wird Ohrwurm
So kam es, dass der erste Sandmännchen-Abendgruß des Fernsehfunks der DDR mit einer musikalischen „Notlösung“ auf Sendung ging. Am 22. November 1959, acht Tage bevor der SFB seinen Sandmann präsentieren konnte. Immerhin, das Rennen war gewonnen. Ein Sieg, der bald im Schatten dessen stehen sollte, was danach geschah. Das Sandmännchen aus der DDR wurde nämlich der Liebling der Kinder. Ebenso die Geschichten vom frechen Pittiplatsch, dem artigen Schnatterinchen und dem brummigen Moppi, vom listigen Herrn Fuchs und der eitlen Frau Elster, von Mauz und Hoppel und all den anderen liebenswerten Puppenfiguren. Zig Tausende begeisterte Briefe überfluteten die Redaktion. Auch die Kinder aus dem Nachbarland, der BRD, verliebten sich in „Unser Sandmännchen“.
Und das Sandmann-Lied, das alle für zu kompliziert gehalten hatten, wurde ein Hit. Mehrere Generationen, weit über 100 Millionen Menschen, kennen inzwischen seine Melodie und seinen Text. Die „Notlösung“ ist ein Ohrwurm, seit nunmehr 56 Jahren. Er hat seine Macher überlebt, wie auch den Fernsehfunk der DDR. Längst ist ein neues Medien-Zeitalter angebrochen. Die Kinder aber lassen sich auch heute noch den Schlafsand im Dreivierteltakt, ja sogar mit Taktwechsel, in die Augen streuen. Danach gehen sie, so wie einst, müde und glücklich ins Bett.
„Ach du meine Nase, Schnackchen, hast du das gehört? Das war ja ´ne richtig tolle Geschichte.“ „Ach ja, Pitti, naak, naak, das war eine ganz schöne Sandmann-Geschichte.“
„Kinder, liebe Kinder,
das hat mir Spaß gemacht.
Nun schnell ins Bett und schlaft recht schön.
Dann kann auch ich zur Ruhe geh´n.
Ich wünsch´ euch Gute Nacht.“
Unser Sandmännchen: limitierte Geburtstagsbox
Zum 55. Geburtstag des Sandmännchens erschien diese besondere Sammlung: Sie beinhaltet echte Klassiker-Filme, die erstmals auf DVD veröffentlicht und einer behutsamen Bild- und Tonrestauration unterzogen wurden. Highlight dieser Box sind drei aufwendig gestaltete Fernsehfilme: „Wenn der Sandmann Urlaub hat“, „Wo wohnt der Sandmann?“ und „Mit dem Sandmännchen um die Welt“. Und natürlich die herrlichen Abendgrüße mit Pittiplatsch, Schnatterinchen und Moppi sowie Herrn Fuchs und Frau Elster, die von einigen der schönsten Sandmännchen-Folgen umrahmt sind – hier ist der Mann mit dem Traumsandsack u.a. mit einem Segelboot, einem Schulgleiter und einem Riesenkipper unterwegs und besucht Aschenputtel, Rapunzel und Kinder in Bulgarien. Für Kinder ab drei Jahren liegt der Box eine Sandmännchen-Bullylandfigur bei.
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